Mehrebenen-Partnerschaft

Um Begegnungen voraus – Das Osteroder Modell

Tilman-Riemenschneider-Gymnasium und Elhadj Diouf Foundation (Osterode am Harz/Deutschland)
sowie Lycée Valdiodio Ndiaye und Association Koumby Saleh (Kaolack/Senegal)

Alles begann mit einer E-Mail am 30.03.2012, in der Elhadj Mamadou Diouf, Deutschlehrer aus Kaolack, mit Begeisterung auf die Idee von Tobias Rusteberg, Französischlehrer aus Osterode, reagierte, ein Brieffreundschaftsprojekt für Schüler*innen ins Leben zu rufen. Acht Jahre später blicken die Beteiligten mit Stolz auf eine Entwicklung zurück, die neben einer Schulpartnerschaft auch die Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene sowie die Gründung zweier Stiftungen hervorgebracht hat. Das Zusammenspiel der drei Stufen Schule, Kommune und Stiftung – das sogenannte Osteroder Modell – sorgt für ein nachhaltiges Bildungs- und Begegnungsprojekt zwischen Osterode und Kaolack.

Stufe 1 des Osteroder Modells bezieht sich auf die Schul­partnerschaft zwischen dem Tilman-Riemenschneider-Gymnasium Osterode und dem Lycée Valdiodio Ndiaye in Kaolack. Insbesondere durch Begegnungsreisen, die zu diversen von den Schüler*innen- Gruppen festgelegten Projektthemen stattfinden (z.B. Partizipation, Musik, Umwelt, Sport, Kunst), ist eine Brücke zwischen Osterode und Kaolack entstanden. Aus jeder Begegnung gehenJunior-Botschafter*innen hervor, die im Rahmen von Vorträgen über Projektergebnisse und das Erlebte berichten. Die Schulpartnerschaft ermöglicht den Schüler*innen, voneinander zu lernen, sich mit ihrer Zukunft in einer globalen Welt auseinanderzusetzen, ein realistisches Afrika- bzw. Europabild zu erwerben und sich für die Agenda 2030 zu engagieren. Alle Beteiligten (Lehrer*innen, Eltern, Schüler*innen und außerschulische Partner*innen) sind berührt davon, wie sehr die Begegnungen auf beiden Seiten die Augen öffnen und Verständnis schaffen – emotional und kognitiv.

Stufe 2 betrifft die Ausweitung der schulischen Projekte auf die Kommune. Die Stadt Osterode nimmt am internationalen Projekt „Kommunale Klimapartnerschaften“ teil. Inspiriert von den Junior-Botschafter*innen des Tilman-Riemenschneider-Gymnasiums Osterode ist es Anfang 2018 gelungen, die SDGs auf das Arbeits­spektrum der Stadt Osterode zu übertragen. Das Projekt soll sowohl in Osterode als auch in Kaolack Anstoß zu klimafreundlichen Veränderungen geben. Mehrmals haben sich die Vertreter*innen der Stadt Osterode und des Distrikts Kaolack getroffen und Probleme von Dürre und Überflutung sowie das Thema Aufforstung behandelt. Auch Schüler*innen sind im Projekt aktiv. So hat sich z. B. in Kaolack eine Climate-Action-Gruppe formiert, deren Motor u. a. das Junior-Botschafter*innen-Netzwerk ist.

Stufe 3 beinhaltet die Gründung der Elhadj Diouf Foundation (EDF) im Juni 2018 in Osterode. Die Ziele der Stiftung sind die Förderung von Bildung, Begegnung und Perspektiven. Die EDF steht in engem Kontakt zur Osteroder Öffentlichkeit, zu Geschäftsleuten und Eltern der Gymnasiast*innen. Sie informiert über die Begegnungs­reisen und bildet den Rahmen für ein Alumni-Netzwerk. Analog zur Osteroder EDF hat sich die Association Koumby Saleh in Kaolack gegründet, die dieselben Ziele verfolgt. Wichtigster Leit­gedanke ist die Heranführung junger Menschen an die Gestaltung ihrer jeweiligen Heimat. Hier gibt es bereits erfolgreiche Initiativen in den Bereichen Sport, Medizin und Bildung.

„Wer die Jugend erreicht,
erreicht viel“

Dieses Zitat von unserem verstorbenen Kollegen Elhadj Mamadou Diouf hat uns berührt, weil die Jugendlichen die Motoren unserer Partnerschaft mit Osterode sind. Die regelmäßigen Treffen sind für alle immens bereichernd. Alle lernen von den anderen und wir motivieren uns gegenseitig, uns in unserer jeweiligen Heimat zu engagieren. Eine solche Entwicklung kann nur durch Ideenaustausch und Verständnis sowie mit Engagement und Geduld von allen Beteiligten verwirklicht werden. Kaolack ist die erste und meines Wissens nach einzige afrikanische Stadt, die eine Partnerschaft auf drei Ebenen mitgestaltet hat, und wir wären stolz, auch andere Städte zu inspirieren.

Djibril Thiam
Deutschlehrer am
Lycée Valdiodio Ndiaye