4.2 Verantwortung weitergeben

Von Sören Barge

Soll gemeinsames Lernen und Engagement erfolgreich sein, bedarf es motivierter Gestalter*innen. Ist die internationale Zusammen­arbeit gestartet, wird sie oft von den Engagierten der ersten Stunde geprägt und aufrechterhalten. Diese wissen um die Geschichte, die Details und auch die ungeschriebenen Gesetze der Partnerschaft oder des Projekts. Diesen Erfahrungsschatz gilt es, so lange wie möglich zu nutzen. Stabile Partnerschaften können jahrelang von denselben Menschen gestaltet und weiterentwickelt werden. Allerdings gibt es auch viele Beispiele, in denen dies nicht funktioniert. Bleiben diese Menschen alleine, wird auch das anfangs vielleicht große Projekt mit der Zeit immer kleiner. Und haben sie dann irgendwann nicht mehr die Möglichkeiten oder die Zeit mitzugestalten, endet vermutlich der globale Kontakt. Mühsam aufgebaute Strukturen werden nicht mehr genutzt, existieren nur noch „auf dem Papier“, geraten in Vergessenheit und verschwinden. Dies gilt es, schon im Vorfeld zu verhindern. Meist ist es dafür notwendig, nicht an den alten Strukturen festzuhalten, sondern Platz zu machen für neue Impulse und Ideen anderer – und die Partnerschaft damit weiterzuentwickeln. Denn wenn sie lebendig bleiben soll, ist es sehr sinnvoll, frühzeitig und kontinuierlich andere und immer wieder neue Menschen in die Planungen, Durchführungen und den Kontakt einzubeziehen. Das können auch neue Kolleg*innen, andere Vereinsmitglieder oder Menschen aus dem Projektumfeld sein. Auch finden sie sich vielleicht bei anderen Organisationen, in der Zivil­gesellschaft oder bei engagierten Schulabgänger*innen, die in einer neuen Rolle mitgestalten wollen. Machen Sie sich gezielt auf die Suche nach diesen Menschen und bieten Sie ihnen aktiv Mitwirkung sowie Verantwortung an. Die Grundsätze partizipativer Lernräume (Unterkapitel 3.3) bilden dafür eine gute Voraussetzung. Dokumentieren Sie Ihre Arbeit und halten Sie die Zusammenhänge und Details schriftlich fest, sodass sie das Wissen darüber möglichst konkret an neue Interessierte weitergeben können. Im besten Fall wächst eine neue Generation von Engagierten, die ihre eigenen Ideen mitbringen und Aktivitäten umsetzen und damit die Bildungs­zusammenarbeit lebendig halten. Vielleicht entwickelt sich auch eine Art Mentor*innen-Verhältnis: Neue Menschen lernen von den alten Hasen, verfügen aber über den Freiraum, selbst zu gestalten, Erfolge zu feiern und Fehler zu machen. Bei Bedarf können sie sich einen Rat holen oder sich einfach an gemeinsame alte Zeiten erinnern. Denn mit jeder globalen Bildungs­zusammenarbeit wird auch ein Teil einer neuen Weltgeschichte geschrieben, in der die Grundsätze der Gerechtigkeit, der Menschenrechte, der inter­nationalen Ver­ständigung, des Friedens und des Guten Lebens für alle aktiv vertreten werden.