Schulpartnerschaft

„Vergangen und doch gegenwärtig“ –
Spurensuche zum (deutschen) Kolonialismus

Msitu wa Tembo Secondary School (Moshi/Tansania)
und Gymnasium Helene-Lange-Schule (Hannover/Deutschland)

Die Partnerschaft existiert seit 2009. In mehr als zehn Jahren haben wir Schüler*innen und Lehrer*innen uns trotz der großen Distanz jährlich getroffen, entweder in Tansania oder in Deutschland. Zwischen den Besuchen findet ein regelmäßiger Austausch via E-Mail, WhatsApp oder auch Videotelefonie statt.

Schwerpunkte in unserer Partnerschaft sind die gemeinsam geplanten und durchgeführten Projekte, die nicht nur den interkulturellen Austausch fördern, sondern sich auch mit Themen beschäftigen, die sich an den SDGs orientieren.

Nach mehreren Projekten mit Bezug zu Umweltthemen (z. B. Wasser, Solarenergie, Ernährung, Aufforstung) haben wir uns 2019 zur Aufarbeitung unserer „gemeinsamen“ kolonialen Vergangenheit entschieden. Für solch ein sensibles Thema bedarf es einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, in der auch Perspektivwechsel möglich sind. Dies war aufgrund unserer langjährigen Partnerschaft gegeben. In beiden Schulen stieß das Thema auf sehr großes Interesse. Neben der historischen Arbeit bestand unser Ziel auch darin, eigene Stereotype und Vorurteile zu erkennen, einzuordnen sowie ein tieferes Verständnis füreinander zu entwickeln. Die Projektarbeit sollte also nicht nur die Vergangenheit beleuchten, sondern auch die dadurch beeinflussten Dimensionen des Geschichtsbewusstseins in beiden Ländern verdeutlichen.

 

Während der Begegnung in Moshi (Tansania) besuchten wir ausgehend von einem Vortrag und der Beratung durch einen Geschichtsprofessor der Universität Arusha viele Orte der Kolonialzeit. Das Finden, Dokumentieren und Recherchieren zu den Relikten des Kolonialismus und ihren Funktionen war unser erster Projektarbeitsschritt. Wir haben viele historische Orte (mehr als erwartet) gefunden und viel über deren Vergangenheit erfahren: unter anderem eine Bahnlinie, christliche Kirchen und ehemalige deutsche Verwaltungsgebäude. Besonders beeindruckt hat uns das kleine Museum in Moshi, die eine Ausstellung über den Widerstandskämpfer Mangi Meli zeigt. Er wurde hingerichtet und sein Kopf zur Vermessung unter rassistischen Gesichtspunkten nach Deutschland gebracht.

Es gab anschließend lange Diskussionen zwischen allen Gruppen während der Begegnung. Bei diesen Gesprächen haben wir alle viel (voneinander) gelernt. Es zeigte sich, dass unsere Geschichtsverständnisse unterschiedlich waren. Von den deutschen Teilnehmenden wurde die Zeit als „dunkles Kapitel“ unserer Geschichte betrachtet. Die tansanischen Teilnehmenden sahen daneben aber auch Dinge, die Tansania infolge des Kolonialismus positiv für sich nutzen konnte, was unter anderem in die Unabhängigkeit des Landes mündete.

Als gemeinsames Fazit haben wir jedoch festhalten können, dass für die Menschen in der Kolonie Ostafrika die Kolonialherrschaft verheerende Auswirkungen hatte. Außerdem haben die Strukturen dieser Fremdherrschaft bis heute vielfältige Spuren hinterlassen.

Die Recherche und die Diskussionen über die Auswirkungen bis in die Gegenwart (Postkolonialismus) sollen beim Gegenbesuch in Hannover fortgesetzt werden. Dazu soll mithilfe der App „Actionbound“ ein virtueller Stadtrundgang zu Orten mit kolonialem Bezug konzipiert werden.

Militärbaracken aus der
Kolonialzeit

 

Besuch eines Denkmals für die
Christianisierung